AM37 – Brief an Walter Gropius
Wien, Freitag, 23. September 1910
Freitag
Mein
Immer wieder lese ich Deinen Brief, den schönsten, der je geschrieben wurde. Er ist mir der Vorbote eines sicheren – himmlischen Glücks. – ich liebe Dich!! – Nur auf das wollen wir hinleben. Und schau – wenn wir uns ein bissel älter wiederfinden. . . . Was thuts? Um das werden wir auch wieder reicher[,] polyphoner sein. – war 40\–[4]5/ Jahre alt – damit meine ich nicht, dass wir uns so lange nicht haben sollen. – Aber – auch – Menschen wie wir werden nicht hässlich! –
In Unseren Zügen wird immer ein innerer Glanz verschönen. – – Ich schreibe im Bett. – Bin ein bissel verkühlt, wie jetzt alle Welt – sonst geht’s mir aber gut – besser denn je . . –
Ich werde verwöhnt und mit Geschenken überhäuft. Die 3 Perlen, mit denen Du spieltest, bekam ich nach der von einem alten von – in seiner Freude über das Werk. Ich hab’ sie so lieb, dass ich sie täglich trage. Wie hat Dir mein von gefallen? Bitte zeichne mir Kragenmuster ab [erläuternde Zeichnung] So! Schau genau mein Kragerl an!! – Nie eine gerade Linie. Die bekommt man nur beim Weben heraus[.] – Vielleicht kauf ich mir einen kl.[einen] Perlwebstuhl, damit
ich Deine Muster machen kann. –
Mein – Deine Briefe – Deine Bilder – Dein Wesen – Du bist – ein wunderbarer Mensch und in all Deinen Thaten muss sich das offenbaren. Du musst Ausgezeichnetes leisten – aber – versäume Deine Physis nicht – sie ist gleich wichtig[.]
Schreibe mir, wie es Dir geht – immer – Du Sohn – Freund – Bräutigam – sehnsüchtig erwarteter Gatte von mir.
Ich liebe Dich! —
Wichtigeres kann ich Dir nie sagen. Ich küsse Deine liebe süße Wesenheit[.]
Deine
Apparat
Überlieferung
, , , .
Quellenbeschreibung
2 Bl. (4 b. S.) – Briefpapier.
Beilagen
Umschlag, , – 27/9 Janikow 6/Dramburg (unbekannte zeitgenössische Handschrift) | Neubabelsberg bei Berlin | Stahnsdorferstraße 83 | Herrn Walter Gropius (Handschrift AM, nicht von ihr durchgestrichen); PSt.: zusammen mit Briefmarke entfernt; von WG mit einer 22. versehen (Zur Nummerierung von Alma Mahlers Briefumschlägen); rückseitig: muss nach Janikow 6 | Dramburg i[n] Po[mmern] | Döring 27/9 (andere unbekannte zeitgenössische Handschrift).
Druck
Erstveröffentlichung.
Korrespondenzstellen
Antwort auf WG75 vom 21. September 1910 (Gott schütze Dich, daß Du Deine schweren Leiden erträgst und \und/ Du ein gesunder Mensch bleibst): Bin ein bissel verkühlt, wie jetzt alle Welt – sonst geht’s mir aber gut – besser denn je. Beantwortet durch WG79 vom 8. Oktober 1910 (Deinen Hoffman[n]kopfschmuck habe ich mir genau angesehn und finde ihn sehr schön): Wie hat Dir mein Kopfschmuck von Hoffmann gefallen?
Datierung
Aus der korrigierten Beschriftung des Umschlags kann abgeleitet werden, dass der vorliegende Brief AM37 am Dienstag, den 27. September 1910 nach Janikow (Jankowo) nachgeschickt wurde. AM hat ihn also am vorherigen Freitag, den 23. September 1910 geschrieben.
Übertragung/Mitarbeit
(Philipp Borkowitsch)
(Bettina Schuster)
Brief – aus dem Entwurf WG75 vom 21. September 1910.
Ursprünglich: 45.
Brahms’s Mutter war 40\–[4]5/ Jahre alt – gebar ihr zweites Kind, , am 3. April 1833 mit über 43 Jahren. vollendete am 31. August 1910 ihr 31. Lebensjahr. hatte zu diesem Anlass wahrscheinlich eine Partitur des von geschenkt, s. AM27 vom 3. September 1910: Brahms.
3 Perlen, mit denen Du spieltest, bekam ich nach der VIII.ten von einem alten Freund von Gustav – Die Kette mit drei Perlen war ein Geschenk des Physikers am Tag nach der Uraufführung von am 12. September in München, vgl. , S. 226.
Hoffmann – , Wiener Künstler und Freund der Familie Moll. trug zur Uraufführung der eine Art Diadem oder Schmuckkamm nach seinem Entwurf.
Kragenmuster – s. AM27 vom 3. September 1910: Kragenideen.
Ursprünglich: aber.